Konstanze Sailer
Tusche auf Papier
Galerie Art-Court
Friedl-Dicker-Brandeis-Gasse 44
1220 Wien
Friedl Dicker-Brandeis (* 30. Juli 1898 in Wien; † 9. Oktober 1944 im Vernichtungslager Auschwitz) war eine österreichische Malerin, Innenarchitektin, Designerin und Bühnenbildnerin. Aus jüdisch-bürgerlichem Elternhaus stammend, studierte Friedl Dicker zunächst Grafik in Wien, später am Bauhaus in Weimar (Plakat für Else Lasker-Schüler) und war als Innenarchitektin in Wien erfolgreich tätig. 1934 wurde sie als Mitglied der Kommunistischen Partei verhaftet und emigrierte danach nach Prag, wo sie 1936 Pavel Brandeis ehelichte und die tschechische Staatsbürgerschaft annahm. 1938 zog sie mit ihrem Mann nach Hronov, nordöstlich von Prag. Das Ehepaar wurde verhaftet und am 17. Dez. 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Mit einem der letzten Zugtransporte von Theresienstadt nach Auschwitz wurde Friedl Dicker-Brandeis am 6. Oktober 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort kurz nach der Ankunft, am 9. Oktober 1944 ermordet.
Bis zum heutigen Tag existiert in Wien keine Straße, die ihren Namen trägt. Hingegen ist nach Hans
Kloepfer seit 1955 nach wie vor eine Straße in Wien- Donaustadt benannt. Kloepfer war Arzt und Mundartdichter in der Steiermark, verherrlichte in zahlreichen Gedichten Hitler, war ab Mai 1938
NSDAP-Mitglied und Ehrenmitglied im Bund deutscher Schriftsteller, 1941 erhielt er die „Goethe‐Medaille“; Hitler und Goebbels ließen bei seinem Begräbnis 1944 Kränze nieder-legen. Anstelle von
Hans Kloepfer, nach dem 2016 immer noch einige Straßen in der Steiermark benannt sind und der nach wie vor Grazer Ehrenbürger ist, sollte künftig zumindest in Wien-Donaustadt an Friedl
Dicker-Brandeis erinnert werden.
Friedl Dicker studierte
zunächst an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, später als eine der erfolgreichsten Studentinnen am frühen Bauhaus in Weimar, bei Johannes Itten. Walter Gropius, Oskar Schlemmer und Paul Klee zählten zu ihrem Bekanntenkreis.
Zunächst als Bühnenbildnerin
für Theater in Berlin und Dresden tätig, betrieb sie danach in Wien gemeinsam mit Franz Singer ein Architekturatelier. Neben zahlreichen Bauaufgaben war sie u. a. für die Innenausstattung des Montessori-Kindergartens im Goethehof in Wien-Donaustadt verantwortlich.
Der Kindergarten im Goethehof
war ein Vorzeigekindergarten des Roten Wien der 1930er Jahre, im Wiener Bezirk Donaustadt. In den Februarkämpfen 1934 war der Goethehof heftig umkämpft und geriet als eine der letzten Bastionen des Republikanischen Schutzbundes unter starken Beschuss.
Nur ein Jahrzehnt später,
nach ihrer Verhaftung und Deporta- tion in das Ghetto Theresienstadt, am 17. Dez. 1942, organisierte Friedl Dicker-Brandeis unter schwierigsten Bedingungen in Theresienstadt Zeichenkurse für Kinder.
Tausende dieser
Kinderzeichnungen sind erhalten geblieben, Friedl Dicker-Brandeis ermutigte die Kinder ihre Namen in die Zeichnungen einzufügen und stärkte damit deren Identität und Selbstwertgefühl – keine einzige Zeichnung ist mit der Lagernummer eines Kindes signiert.
Hinausgekrönt
... Kelche der großen
Ghetto-Rose, aus der
du uns ansiehst, unsterblich von soviel
auf Morgenwegen gestorbenen Toden.
Paul Celan
Jedem einzelnen
der tausenden zum Aufschrei geöffneten Kiefer, die aus dem Papierwerk der Malerin Konstanze Sailer stammen, ist ein individueller Todeszeitpunkt zugeordnet. Die dargestellten Kiefer sind in das Bild gesetzte sprachliche Zeichen.
Die malerisch
konservierten Schreie repräsentieren Momente der Verwundung und des Todes von Menschen. Erst im Nachhall der Aufschreie wird die Erinnerung dauerhaft.