Konstanze Sailer
Tusche auf Papier
Galerie Kunstsalon
Epsteinplatz 38
1130 Wien
Ernst Epstein (* 4. Jänner 1881 in Wien; † 21. Mai 1938 Wien) war ein österreichischer Architekt und Baumeister. Sein Büro errichtete an die 100 Gebäude in Wien, zahlreiche davon in eigener Planung. Epstein, ein Cousin von Karl Kraus, war 28 Jahre alt, als er zum Bauleiter des bekannten Looshauses am Wiener Michaelerplatz, eines der bekanntesten und umstrittensten Gebäude in der Architekturgeschichte Wiens wurde. Vermutlich aus Angst vor der Verhaftung durch die Gestapo, nahm Epstein nur neun Wochen nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, am Tag nach der Einführung der Nürnberger Rassengesetze in Österreich, in einem von ihm erbauten Haus in Wien-Hietzing eine Überdosis Veronal.
Bis zum heutigen Tag existiert in Wien keine Straße, die seinen Namen trägt. Hingegen ist nach Eberhard Clar seit 2009 (!) ein Platz in Wien-Hietzing benannt. Clar war Professor für Geologie an den Technischen Hochschulen in Graz und Wien, seit 1933 (zunächst illegales) NSDAP-Mitglied, ab 1938 auch Mitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes, 1939 leitete er das „Kreisamt für Technik im Kreise Graz‐Land der NSDAP“. Anstelle von Eberhard Clar sollte künftig in Wien-Hietzing an Ernst Epstein erinnert werden.
Die pervertierte NS-Rassenlehre
erachtete den Suizid als abzulehnende erbliche Degenerationserscheinung.
Zudem wurde
im Sinne des „Volkskörpers“ sogar zwischen „schädlichen“ und „nützlichen“ Selbstmorden bzw. Selbsttötungen unterschieden.
Suizide sogenannter
„wertvoller“ Menschen waren „schädlich“, jene „minderwertiger“ Menschen wurden als "Gewinn für die Volksgesundheit" angesehen.
Der Terror von Gestapo,
SA und SS, die landesweiten Arisierungen, Berufsverbote und extremen Mechanismen der Exklusion führten zur starken Anstiegen der Suizidraten.
Die in Konzentrationslagern
aus unüberbietbarer Verzweiflung begangenen Selbsttötungen waren Akte, die aus der völligen Ausgeliefertheit und Hoffnungslosigkeit erfolgten.
Der französische Soziologe
Émile Durkheim schrieb in seiner Studie Le Suicide: „Wenn der Mensch aus der Gesellschaft herausgelöst wird, begeht er nur allzu leicht Selbstmord. Das tut er auch, wenn er zu sehr in sie verstrickt ist.“
Schreie tragen keine
Namen, sondern individuelle Uhrzeiten. Sie repräsentieren Momente der Verwundung und des Todes. Erst durch den Nachhall der Aufschreie wird die Erinnerung dauerhaft.
Die in den Tuschen
von Konstanze Sailer angedeuteten Kiefer sind in das Bild gesetzte sprachliche Zeichen. Sie ordnen zu: Kiefer zu Aufschrei, Schriftzeichen zu
Todesphonem.