Konstanze Sailer
Tusche auf Papier
Galerie Kunst-Salon
Rosa Biener-Gasse 42
1210 Wien
Rosa Biener (* 27. August 1920 in Wien-Floridsdorf; † 27. Februar 1942 im Konzentrations- lager Ravensbrück). Im März 1940 wurde sie als Jüdin unter dem Vorwurf der Asozialität in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert und dort im Alter von 21 Jahren ermordet.
Bis zum heutigen Tag existiert in Wien keine Straße, die ihren Namen trägt. Hingegen ist nach Robert Lach heute noch eine Gasse in 1210 Wien benannt. Lach war Musikwissenschaftler an der Universität Wien, seit 1933 NSDAP-Mitglied und trat durch offenen Antisemitismus hervor. Anstelle von Robert Lach sollte zukünftig in Wien-Floridsdorf an Rosa Biener erinnert werden.
In der NS-Terminologie
galten sogenannte „Asoziale“ als „volksschädlich“ und „arbeitsscheu“. Sie stellten das Gegenteil der „gutwilligen“ und „fleißigen“ Mitglieder der „Volksgemeinschaft“ dar.
Im hierarchischen System
der Konzentrationslager standen die „Asozialen“ am unteren Ende. Eine Randgruppe, selbst im Vernichtungs-lager. Individuen, die – von der Gestapo gejagt und von der SS getötet – nicht mehr als Menschen betrachtet wurden.
Für die SS waren
die "Asozialen auszumerzende Gemeinschaftsunfähige“. Für solche Menschen war nach NS-Diktion „Vernichtung durch Arbeit“ vorgesehen.
Mit „Winkeln“, jenen
farbigen, gleichschenkligen Stoff-dreiecken auf der Häftlingskleidung wurden Menschen, zusätzlich zu den Häftlingsnummern, gekennzeichnet und entindividualisiert. Gelbschwarze Winkel waren als gelbe und schwarze Dreiecke übereinander genäht und bildeten einen Stern.
Rosa Biener wurde
im Alter von 19½ Jahren, am 22. März 1940, im Konzentrationslager Ravensbrück mit einem gelb- schwarzen Winkel stigmatisiert und musste diesen bis zu ihrem Tod am 27. Februar 1942 tragen.
Es wurden Feindbilder
konstruiert, deren antihumanistisches Menschenbild sich bis in das Bestialische steigerte. Unter vielen anderen wurden auch Prostituierte und Lesben pauschal als "Asoziale" gekennzeichnet.
Die jüdische
deutsch-schwedische Lyrikerin Nelly Sachs beschrieb das Grauen des Holocaust. Sie nannte die Vernichtungslager „erdachte Wohnungen des Todes“.
Die Schreie
der Tuschen auf Papier sind "so nahe wie möglich am Schmerz gemalt" (K. S.), denn „der Tod überschreitet unsere Reichweite.“ (Montaigne)
Jeder der
zum schmerzerfüllten Aufschrei geöffneten Kiefer ist einem Laut zugeordnet. Die malerisch konservierten Schreie tragen keine Namen, sondern individuelle Uhrzeiten, sie sind Momente der todbringenden Verwundung.
Schreie und Aufschreie
sind jäh unterbrochene Sprache. Sie zerreißen die Stille. Nach ihrem Verklingen bleibt jedoch ihr Nachhall unaufhörlich bestehen. Dauerhafte Erinnerung.