Konstanze Sailer
Tusche auf Papier
Galerie Art Space
Margit-Zinke-Straße 45
80807 München
Margit Zinke (* 18. Januar 1914 in München; † 21. April 1945 im Konzentrationslager Neuengamme) wurde von ihrer leiblichen Mutter nach der Geburt zur Adoption freigegeben und lebte mit ihren Adoptiveltern ab 1924 in Hamburg. Ihr zweiter Ehemann, Paul Zinke, war Mitglied der verbotenen Kommunistischen Partei in Hamburg und Teil einer antifaschis-tischen Zelle. Margit Zinke, die Widerstandskämpfern in ihrer Wohnung im Falkenried, Stadtteil Hoheluft-Ost, Unterschlupf gewährte, wurde im Februar 1945 verhaftet und im Gestapo-Gefängnis Fuhlsbüttel inhaftiert. Im April 1945 wurde sie von dort in das KZ Neuengamme im Süden Hamburgs überstellt und ohne Urteil, am 21. April 1945, erhängt.
Bis zum heutigen Tag existiert in München keine Straße, die ihren Namen trägt. Hingegen ist nach Hans Pfitzner nach wie vor eine Straße in München-Milbertshofen benannt; ebenso wie dies u. a. auch in Wien, Salzburg, Köln, Frankfurt, Solingen, Wiesbaden und Nürnberg der Fall ist. Der renommierte und vielfach ausgezeichnete Komponist war nicht nur während der NS-Diktatur, sondern bis zu seinem Tod 1949 antisemitisch eingestellt. Er sympathisierte mit der NSDAP und versuchte, auch noch nach 1945 in seinen Schriften die NS-Verbrechen zu bagatellisieren. Anstelle von Hans Pfitzner sollte künftig in München-Milbertshofen an Margit Zinke erinnert werden. Hamburg und Münster haben sich 2011 und 2012 bereits ihrer Pfitzner-Straßen entledigt.
Teile der Justizvollzugsanstalt
Fuhlsbüttel in Hamburg wurden in den Jahren 1933 bis 1945 von SS und Gestapo als Gefängnis für politische Gefangene benutzt, die von dort vielfach in das Hamburger Konzentrationslager Neuengamme verbracht wurden.
Das Hamburger KZ Neuengamme
war ab 1938 ein Außenlager des KZ Sachsenhausen und ab 1940 ein selbstständiges Konzentrationslager mit über 80 Außenlagern, in denen bis 1945 etwa 100.000 Menschen als Zwangsarbeiter inhaftiert waren.
Etwa die Hälfte
aller Inhaftierten des KZ Neuengamme starb aufgrund der unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen. Als im April 1945 die Alliierten Verbände an Hamburg heranrückten, wurde das Gefängnis Fuhlsbüttel geräumt und zahlreiche politische Gefangene in das KZ Neuengamme überstellt.
Eine Gruppe von
dreizehn Frauen, unter ihnen Margit Zinke, wurde in der Nacht vom 21. auf den 22. April 1945 in den als Hinrichtungsstätte dienenden Arrestbunker gebracht, zwölf von ihnen wurden erhängt, die dreizehnte und jüngste Frau wurde erschlagen.
Eine Verwaltungsbeamtin
des Gefängnisses Fuhlsbüttel berichtete: „Da kein Gerichtsverfahren gegen sie lief, nahmen sie an, sie würden vielleicht mit einem kurzen Übergang im Hüttengefängnis entlassen werden ...
... Alle befanden sich in freudiger Erregung. Sie zeigten sich gegenseitig die Bilder ihrer Männer und Kinder, richteten ihre Kleidung so nett wie möglich her. Erika, die jüngste, trug weiße Kniestrümpfe. Die Haare wurden hübsch gelegt und Lippenstifte ausgeliehen.“
Jedem einzelnen
der tausenden zum Aufschrei geöffneten Münder, die aus dem Papierwerk der Malerin Konstanze Sailer stammen, ist ein individueller Todeszeitpunkt zugeordnet. Die dargestellten Kiefer sind in das Bild gesetzte sprachliche Zeichen.
Schreie und Aufschreie
sind jäh unterbrochene Sprache.
Sie repräsentieren Momente der Verwundung und des Todes.