Kunstinitiative

des Gedenkens

von

Konstanze Sailer

"Sternberg"

Ausstellung 01. - 30. April 2017

 

Konstanze Sailer

 

Tusche auf Papier

 

 

 

Galerie Kunstlabor

Paul-Sternberg-Weg 43

1140 Wien


Paul Sternberg (* 26. Februar 1936 in Wien; † 1943 im NS-Vernichtungslager Auschwitz), war mit seinen Eltern rechtzeitig nach Frankreich geflohen. In der Nähe der ostfranzösischen Stadt Besanςon wurde die jüdische Familie verhaftet, interniert und vom Sammel- und Durchgangslager Drancy bei Paris, am 9. Februar 1943, in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Paul Sternberg wurde vermutlich noch vor seinem achten Geburtstag, kurz nach seiner Ankunft im KZ-Auschwitz ermordet.

 

Bis zum heutigen Tag existiert in Wien keine Straße, die seinen Namen trägt. Hingegen ist nach Richard Kuhn nach wie vor ein Weg in Wien-Penzing benannt, ebenso eine Straße in Heidelberg. Der gebürtige Wiener Kuhn war Chemiker, lehrte an der Universität Heidelberg und erhielt 1938 den Nobelpreis für Chemie. Seine Gefolgschaft für das NS-Regime wurde als Mischung aus Karriere-Opportunismus und vorauseilendem Gehorsam beschrieben. Anstelle von Richard Kuhn sollte zumindest in Wien-Penzing künftig an Paul Sternberg erinnert werden, insbesondere auch deshalb, da sich an der Adresse Richard-Kuhn-Weg 1 ein Kindergarten der Stadt Wien befindet.

 

"Schrei 16:43 Uhr", 2016, 48 x 36cm
"Schrei 16:43 Uhr", 2016, 48 x 36cm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Richard Kuhn

 

war von 1938 bis 1945 Präsident der Deutschen Chemischen Gesellschaft und ab 1940 auch Leiter der Fach- sparte Organische Chemie des Reichsforschungsrates.

 
 

 

 

"Schrei 15:42 Uhr", 2016, 48 x 36cm
"Schrei 15:42 Uhr", 2016, 48 x 36cm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Otto Meyerhof,

 

jüdischer Nobelpreisträger 1922, schrieb in einem Gutachten 1947: "Professor Kuhn ... hat sich mit dem Nazi-Regime in einigen wesentlichen Punkten eingelassen."

 

 

 
 

"Aufschrei 18:46 Uhr", 2016, 48 x 36cm
"Aufschrei 18:46 Uhr", 2016, 48 x 36cm

 

 

 

 

   

 

 

 

 

  

 

 

 

 

Otto Meyerhof verlor

 

seine Lehrbefugnis und floh 1938 nach Frankreich und, nach der Invasion der deutschen Wehrmacht in Frankreich 1940, weiter in die USA.

 

 

 

 

"Schrei 17:01 Uhr", 2016, 48 x 36cm
"Schrei 17:01 Uhr", 2016, 48 x 36cm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In einem (nicht abgesendeten)

 

Brief an Kuhn aus dem Nachlass von Otto Meyerhof heißt es: „Ich kann die Kritik nicht verschweigen, die von den Kollegen der alliierten Länder an Ihnen geübt wird ...

 

 

 

"Schrei 17:57 Uhr", 2016, 48 x 36cm
"Schrei 17:57 Uhr", 2016, 48 x 36cm

 

  

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

... daß Sie Ihre bewundernswürdige wissenschaftliche Leistung und chemische Meisterschaft freiwillig in den Dienst eines Regimes gestellt haben, dessen unaussprechliche Abscheulichkeit und Verruchtheit Ihnen wohl bewußt war.

 

 

 

 

"Aufschrei 18:19 Uhr", 2016, 48 x 36cm
"Aufschrei 18:19 Uhr", 2016, 48 x 36cm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Gesellschaft

 

Deutscher Chemiker beschloss 2005, die seit 1968 regelmäßig verliehene Richard-Kuhn-Medaille nicht mehr zu verleihen.

 

 

 

  

"Aufschrei 19:14 Uhr", 2016, 48 x 36cm
"Aufschrei 19:14 Uhr", 2016, 48 x 36cm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufschreie

 

sind jäh unterbrochene Sprache, wie abschiedsloses Sterben. Schreie tragen keine Namen, sondern individuelle Uhrzeiten. Sie repräsentieren Momente der Verwundung und des Todes.

 

 

 

 

"Aufschrei 19:43 Uhr", 2016, 48 x 36cm
"Aufschrei 19:43 Uhr", 2016, 48 x 36cm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

   

 

 

 

 

Die Arbeiten

 

aus dem Papierwerk der Malerin Konstanze Sailer sind Andeutungen und Zuordnungen von Aufschreien zu Todesphonemen. Erst durch den Nachhall der Aufschreie wird die Erinnerung dauerhaft.