Konstanze Sailer
Tusche auf Papier
Helene Taussig (* 10. Mai 1879 in Wien; † 21. April 1942 im Transit-Ghetto Izbica) war eine österreichische Malerin. Nach dem Tod ihres Vaters, des Gouverneurs der Bodencreditanstalt Theodor von Taussig, widmete sie sich ab 1910 gänzlich der Malerei. Sie lebte und arbeitete seit 1919 in Anif bei Salzburg, Ausstellungen ab 1927 folgten, 1934 ließ sie sich ein Atelier in Anif errichten. 1940 wurde sie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft aus Anif ausgewiesen, 1941 enteignet und am 9. April 1942 in das Transit-Ghetto Izbica deportiert. Helene Taussig wurde vermutlich bereits vor dem 21. April 1942 in einem der NS-Vernichtungslager Belzec, Sobibor oder Majdanek ermordet.
Bis zum heutigen Tag existiert in Salzburg keine Straße, die ihren Namen trägt. Hingegen ist nach Josef Thorak heute noch eine Straße im Salzburger Stadtteil Aigen benannt. Thorak war Bildhauer, NSDAP-Mitglied und sowohl durch die NSDAP als auch von Adolf Hitler persönlich gefördert und unterstützt. Im Salzburger Stadtteil Parsch ist nach wie vor eine Straße nach Heinrich Damisch benannt. Der Antisemit Damisch, NSDAP-Mitglied seit 1932, publizierte 1938 den Artikel "Die Verjudung des österreichischen Musiklebens", in der offen rassistischen Monatsschrift "Der Weltkampf". Anstelle von Josef Thorak und/oder Heinrich Damisch könnte künftig in Salzburg an Helene Taussig erinnert werden.
Kurz nach der Machtergreifung
der Nationalsozialisten 1933 ließ sich der Bildhauer Josef Thorak von seiner zweiten Ehefrau, der Jüdin Hilda Lubowski, scheiden.
Der Salzburger Architekt
Otto Prossinger plante zu dieser Zeit ein Atelier für die Malerin Helene Taussig in Anif, einer im südlichen Umfeld Salzburgs gelegenen Gemeinde. Es wurde 1934 errichtet.
Der Architekt
Albert Speer wurde 1938 von Adolf Hitler beauftragt, in Baldham bei München ein monumentales Atelier für Josef Thorak zu planen und errichten zu lassen. Allein die drei Eingangstore des für riesige Arbeiten ausgelegten Ateliers hatten eine Höhe von etwa 11 Metern.
Neben zahlreichen
monumentalen Figuren und Plastiken – unter anderem vor der Neuen Reichskanzlei in Berlin – stammen von Josef Thorak auch Statuen und Büsten von Hitler und Mussolini.
1940 verlor Helene Taussig
ihr Aufenthaltsrecht in Anif, bereits 1941 wurde sie enteignet. Sie fand in Wien-Floridsdorf Zuflucht, im Alters- heim des Klosters der Karmelitinnen. Von dort wurde sie am 9. April 1942 in das Transitlager Izbica deportiert.
Bei der systematischen
Vernichtung von Menschen während der NS-Diktatur hatten sogenannte Transit-Ghettos sowohl die Funktion von Durchgangslagern als auch die kriegstaktische Funktion einer Ablenkung von Konzentrationslagern.
Der französische Philosoph
Henri Bergson schreibt im Bezug auf das Gedenken einerseits vom „Wiedererkennen der Bilder“ und andererseits vom „Weiterleben der Bilder“.
In das Bild gesetzte Aufschreie
sind lautlos. Sie repräsentieren Schreie, sie machen diese wieder präsent, rufen sie zurück in die kollektive Verpflichtung unserer Erinnerungskultur.
Das unfassbare Leid der Opfer
entzieht sich der Sprache. Die Aufschreie, die zum Schrei geöffneten Kiefer, in den tausenden Tuschen auf Papier von Konstanze Sailer sind in das Bild gesetzte Zeichen. Jeder der Kiefer repräsentiert den Tod eines Menschen. Ein Ereignis, ungleich jedem anderen.